Wir schreiben Teilhabe – und besuchen das K20 in der Landeshauptstadt

Was genau bedeutet Teilhabe? Oder anders gefragt: was gehört denn auf jeden Fall dazu? Zugang zu kulturellen Einrichtungen und kulturelle Inklusion sind auf jeden Fall ein Indikator von Teilhabe. Doch gerade kulturelle Einrichtungen werden oft von migrantischen Menschen gemieden.
Wie oft geht ihr ins Museum? Ab und zu? Selten? Nie? Der erste Afrozensus berichtet von dem Phänomen der „antizipierten Diskriminierung“, der uns oftmals daran hindert, bestimmte Orte zu besuchen, obwohl wir dort nicht unbedingt Diskriminierung erfahren würden. Ein solcher Ort sind Museum, die unterdurchschnittlich von Menschen mit Migrationshintergrund besucht werden. Wem gehört das Museum? Auch uns!
Deshalb besuchten wir am 29. Januar die Ausstellung „Fliegen in Verbund mit der Nacht“ – die erste großangelegte Ausstellung mit Werken einer Schwarzen Künstlerin in der Kunstsammlung NRW K20 in der Landeshauptstadt Düsseldorf. Die Künstlerin Lynette Yiadom-Boakye ist eine Afro-Britische Künstlerin mit Ghanaischen Wurzeln, die für ihre rätselhaften Porträts von fiktiven schwarzen Personen bekannt ist. Die Ausstellung versammelt rund 60 Werke von 2003 bis heute.
Nach dem Besuch der Ausstellung versammelten wir uns im Open Space des Museums und haben nach einem Prozess der Reflexion unsere Eindrücke und Gedanken von der Ausstellung festgehalten.
Eindrücke der Teilnehmer:innen




Wir haben in Düsseldorf in der Kunstsammlung NRW K20 die Ausstellung „Fliegen in Verbund mit der Nacht“ – die erste Ausstellung mit Werken einer Schwarzen Künstlerin besucht.
Von unserer Gruppe hat bis zu diesem Museumsbesuch erst eine Person (mit Ausnahme der Gruppenleiterin) jemals ein Kunstmuseum besucht. Zwei Leute waren schon mal in einem Museum „wo es alte Gegenstände gab“. Und fanden das nicht so prickelnd. Als Frau Adomako uns fragte, warum wir noch nie ein Kunstmuseum besucht hätten, haben die meisten von uns gesagt, dass wir nicht glaubten, das sei ein Ort für uns. Einige von uns sagten auch, sie wären davon ausgegangen, dass solche Orte eher langweilig sind. Warum also hingehen? Aber heute haben wir festgestellt, dass ein Kunstmuseum ein sehr interessanter und anregender Ort sein kann.
Die Kursleiterin erzählte, dass die meiste Kunst im Museum von weißen Künstler*innen stammt und dass diese Ausstellung eher eine Ausnahme darstellt. Sie fragte, ob es nun vom Museum mutig sei, eine Ausstellung nur mit Bildern von schwarzen Menschen zu zeigen? Oder ob eine solche Ausstellung längst überfällig wäre? Wir sollten nicht nur die Bilder, sondern auch die Menschen in den Räumen beobachten. Wie kommen die Bilder bei den Besucher*innen des Museums an? Das hätten wir die Leute vielleicht fragen sollen, als wir – eine Gruppe von 15 PoC – die Ausstellung besucht haben. Wir merkten, für viele der anderen Besucher*innen waren wir fast so interessant und rätselhaft, wie die Bilder, die sie an den Wänden betrachteten. Warum guckten die uns so an?
Ist es, weil man Schwarze Menschen nicht so oft in diesen Räumen sieht? Erst recht nicht so viele auf einen Haufen? Oder weil wir laut sind? Wir staunen und lachen viel und gehen nicht „geordnet“ durch die Ausstellung, wie die anderen Besucher*innen, sondern kreuz und quer und rufen uns Bemerkungen zu, in „fremden“ Sprachen. Und wir sehen Dinge, die uns an Guinea, an Ghana, an Senegal, an Kamerun erinnern. Manche von uns sehen sogar in den Bildern Menschen, die wir kennen – zumindest erinnern uns die Porträtierten an sie. An die Oma, an eine Nachbarin, an jemand, mit dem wir zur Schule gegangen sind.
Nach der Ausstellung haben wir uns im Open Space versammelt, um über unsere Eindrücke zu sprechen. Die Gruppenleiterin hatte uns vorher gesagt, bevor wir die Ausstellung besuchten, dass jeder sich ein bis zwei Lieblingsbilder merken sollte, und darüber nachdenken sollten, warum wir gerade dieses Bild ausgewählt haben. Darüber haben wir uns dann hinterher im Open Space gemeinsam ausgetauscht.
Ein Bild, das überdurchschnittlich oft als Lieblingsbild genannt wurde, war das Gemälde von zwei Mädchen am Strand. Viele von uns sind am Meer aufgewachsen, es erinnerte uns an die Strände von Westafrika. Die Mädchen unterhalten sich, vielleicht suchen sie auch Krebse oder Muscheln. Mit ihren Füssen plantschen sie in eine Pfütze. Sie strahlen eine sorgenfreie Leichtigkeit aus.
Von den männlichen Teilnehmern fanden viele das große Bild im ersten Ausstellungsraum von einem Mann in einem roten Mantel sehr beeindruckend. Der Mantel ist offen und der Mann steht da in seiner Unterhose. Der Mann strahlt Macht und Stärke aus, sagten sie. Er hat einen herausfordernden Blick und man kann ihn nicht übersehen, sondern ist fast gezwungen, ihn anzuschauen. „Er fordert Respekt“, sagte einer.